Mio Kaba - Kapitel 5 Die Symbiose
Ich bin am Verzweifeln. Warum ist die Entscheidung, was ich bauen will, schwerer als dass ich es bauen will?, dachte ich mir. Es gibt einfach so viele Optionen, aber die meisten davon kann ich selbst nicht benutzen. Und was bringt es mir, die beste Waffe des Planeten zu bauen, wenn ich sie nicht benutzen kann?
„Natürlich bin ich das Ganze falsch angegangen. Ich habe gedacht, welche Waffe wäre cool – aber das ist falsch. Ich muss meine eigene, persönliche Waffe entwickeln. Das ist es! Ich kann weder zaubern noch bin ich körperlich stark, also brauche ich eine Waffe, die mich automatisch verteidigt. Okay, ein rudimentäres Bewusstsein kann ich von Herrn Inuo bekommen, das werde ich dann verbessern müssen, sonst ist es nicht das, was ich brauche. Ich habe weder gute Reflexe noch kann ich mich irgendeiner Art von Angriff aushalten. Aber was ist, wenn ich nie getroffen werde? Was ist, wenn ich ein Schild mit Hilfe des rudimentären Bewusstseins an ein Hochleistungsgehirn anschließe? So kann ich, wenn ich es richtig mache, meine eigene Denkleistung erhöhen und habe ein selbst reagierendes Schild. Aber das ist ja keine Waffe, es wäre nur eine unglaublich coole Rüstung. Aber warte – als ich am Neue-Leben-Projekt das Schild angepasst habe, wurde es ja wirklich fest. Kann ich das nutzen?"
Sage ich noch und machte mich auf den Weg zu Herrn Inuo. Auf dem Weg überlegte ich mir Gründe, warum ich ein rudimentäres Bewusstsein und etwas neue Forschungsunterstützung brauche. Aber dann fiel mir ein: Ich muss ja nicht mal lügen. Ich habe eine noch nie gesehene Maschine aus Müll gebaut und brauche wirklich Geld, um das fertige Produkt zu erschaffen. Was ist da die doppelte Menge an Geld schon für ein Wert? Ich habe mir diesen Spaß verdient. Ich habe mich lange nicht mehr so ernsthaft auf etwas anderes als das New-Life-Projekt gefreut. Ich brauche keine Waffe – es ist eine praktische Selbstverteidigung mit offensiven Optionen. Da ist nichts dabei. Ich bin nun mal in Disziplinen des Kämpfens nichts, deswegen brauche ich meinen Geist auch nicht mit Bedenken belasten. Ich will mich nur verteidigen können, wenn es darauf ankommt. Und irgendwann will ich diesen Planeten ja auch verlassen, dann werde ich das bestimmt nicht bereuen, das schon so früh angefertigt zu haben, weil es dann wie ein Teil meines Körpers wird. Also ist es wichtig, früh an die Gewöhnung anzufangen.
Wie immer, wenn ich komme, nimmt sich Herr Inuo Zeit. Ich fange direkt mit dem Bericht meines Feldgenerators und dem gestrigen Rest an und dass ich wegen begrenzter Mittel einen aus Resten bauen musste, der zwar funktioniert, aber nicht mal vier Minuten hält. Dann rede ich darüber, dass ich so einen Prototyp niemandem zeigen kann – wenn er nach vier Minuten nicht mehr funktioniert, was mache ich dann? Dann bin ich ruiniert.
So redeten wir über meine Arbeit, und er war überraschend unüberrascht, dass ich so schnell etwas komplett Neues nicht nur entworfen, sondern auch aus Resten gebaut und es dann sogar beim ersten Mal zum Klappen gebracht habe. Er sagte, dass ich an mich selbst zu hohe Ansprüche hätte, denn wie er das sieht, die Gesetze der Natur zu brechen ist für vier Minuten immer noch eine erhebliche Leistung. Aber er hat seit der Wurmloch-Technologie keinen Zweifel, dass meine Ansprüche unverständlich sind, weil er immer noch lacht über einen Universal-Teleporter, den man maximal für eine Stunde offen lässt, nach drei Stunden schwächelt.
Aber das macht seine Freude auf das, was ich als fertig sehe, nur noch größer. Er ist überzeugt, dass es wie auch mein Wurmloch-Gerät das Multiversum verändern wird. Es nur noch nicht dazu kam, ist, weil ich keine Lust hatte, das Gerät zu erklären, und die Experten Fragen stehen und sich wundern, was und wie irgendetwas in dem Ding funktioniert.
Nachdem ich also alles bekommen habe, was ich wollte, gehe ich natürlich sofort alles Notwendige für beide Projekte einkaufen und gebe am Ende auch mehr für den Feldgenerator als meine eigene Sicherheit aus. Zufrieden mit mir selbst komme ich in meine Höhle und schaue mir erst mal an, was ich für ein Bewusstsein bekommen habe.
Nach einigen Tests ist es natürlich weit unter dem, was ich brauche, aber das habe ich ja von Anfang an gewusst und mich für meine Sicherheit entschieden, mein eigenes Gehirn als Unterstützung zu benutzen. Ich habe alles, was zu dem Verbindungseingriff zu wissen ist, mindestens zweimal gelesen. Aber ja, sein eigenes Gehirn im wachen Zustand mit etwas zu verbinden ist bestimmt eine einmalige Sache.
Zu meiner eigenen Überraschung konnte ich in meinen Arbeitsmodus wechseln. Sofort wurden meine Gedanken klar und bestrebt – für eine gute Zukunft muss ich das jetzt machen. Und wie erwartet war ich so konzentriert, dass der Schmerz und Angst warten mussten. Es war meine erste Hirnoperation, und als ich mir sicher war, dass alles richtig verlaufen ist, frage ich mich, warum ich keinen Unterschied merke. Und dann brannte mein ganzes Gehirn vor – ich habe doch keine Ahnung, mein Gehirn hat noch nie gebrannt. Es war aber nur Schmerz, kein Schwindel oder Ohnmacht. Keine der erwarteten Symptome zu haben spricht nur für meine ausgezeichnete Arbeit. Und in dem Moment hatte ich das Gefühl, einen LCD-Bildschirm vor mir zu sehen, der gerade fertig ist. Als er verschwand, war ich mir sicher: Ich bin mit einem Computer verbunden.
Der erste Schock war in dem Moment vergessen, als mir all die Möglichkeiten, die ich damit jetzt hatte, aufgezeigt wurden. Denn ich kann mich jetzt mit jeder vernünftigen Schnittstelle verbinden. Aber am meisten mochte ich, dass alle störenden Gedanken und Zweifel weg sind. Ich hatte jetzt eine totale Kontrolle über das, was ich denken will. Ich werde nie wieder abgelenkt werden. Mit jedem weiteren Moment der Klarheit bin ich mir sicher, das Richtige gemacht zu haben.
Da ich jetzt den Rahmen für das Bedienen eines selbst reagierenden Schildes zum Schutz meines Lebens habe – falls es jemals bedroht sein sollte, will ich vorbereitet sein –, ging ich daran, meinen stärksten Schildgenerator zu modifizieren, so dass die Möglichkeiten der Manifestation des Schildes keine Grenzen gesetzt sind. Nach stundenlanger Verbesserung eines Schildes, das ich schon für perfekt gehalten habe, bin ich davon überzeugt, dass es richtig ist, wenn ich von jetzt an nie mit einem Ergebnis zufrieden sein werde.
Das erste Verbinden mit dem Schildkern verlief problemlos. Dank meiner langen Feintuning-Arbeit sind das zusätzliche Bewusstsein und der Schildkern wie eine Einheit. Ich zog mir also nun zum ersten Mal unter all meine Kleider die Halterungen für beide Systeme an. Es fühlt sich anders an, aber ist kaum zu merken – das ist gut. Ich ziehe meine Klamotten wieder an und schaue in den Spiegel, und wie erwartet ist nichts zu sehen.
Ich stellte mich also in die vorbereitete freie Fläche und aktivierte bewusst drei Hexagons über meiner linken Schulter. In dem Moment, wo ich die Idee hatte, waren die kleinen Schilde sofort da. Das funktioniert dank meiner Anpassungen perfekt: Solange ich das Schild innerhalb von drei Zentimetern meines Körpers erstelle, ist es sofort da. Der Schildkern ist ja mit meinem Gehirn verbunden und so kann er Many direkt aus meinem Körper freisetzen. Wenn die Schilde verschwinden, läuft über das Nebenbewusstsein automatisch ein Algorithmus, der das Many noch erwischt, was normalerweise nicht zu erreichen ist. Es ist mir auch nur möglich, weil ich schon alle Berechnungen simuliert habe und mein Verwalter muss nur anhand meiner Erinnerungen das Richtige wählen. So ist mein Verbrauch nahezu null.
Als nächstes kommt der spannende Test, denn hier konnte ich nicht alles vorher durchspielen, da ich keinen Vergleich hatte, wie ich die Schilde steuern muss. Aber nach einer Weile des Probierens konnte ich ein Schild in die Form von etwas mit Spitze bringen und ohne lange zu warten stach ich auf mein Sofa ein. Es ging hinein wie Butter. Ich konnte also Waffen machen, aber das wird Übung brauchen.
Und so legte ich mir einen Plan fürs nächste Jahr zurecht. Ich werde in diesem Jahr nicht an New Life arbeiten, sondern mich auf den Feldgenerator und das Gewöhnen an meine neuen Umstände konzentrieren.